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Olympia-Attentat 1972: Digitaler Erinnerungsort ab sofort online

06.09.2022
Team des digitalen Erinnerungsort vor Banner zum Olympia-Attentat.

Das Team, das den digitalen Erinnerungsort zum Olympiaattentat 1972 konzipiert und entwickelt hat (v.l.): Historiker Dominik Aufleger, Historikerin Anna Greithanner (beide Promotionsstudenten an der Ludwig-Maximilians-Universität München), Projektmitarbeiterin Sandra Moser, Projektleiterin Silke Seiz und Historiker Robert Wolff). Foto LRA FFB

Mit einer eigenen Website sowie einer interaktiven App hat der Landkreis Fürstenfeldbruck einen digitalen Erinnerungsort geschaffen, der die Geschehnisse vom 5. September 1972 detailliert aufarbeitet und beleuchtet.

Der digitale Erinnerungsort rückt das Gedenken an die zwölf Opfer in den Mittelpunkt und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, sich einen Überblick über die Geschehnisse und den Ort zu verschaffen, an dem das Attentat sein tragisches Ende nahm.

Das Ende der heiteren Spiele von München

Der Traum der heiteren Olympischen Sommerspiele 1972 in München fand am 5. September 1972 ein jähes Ende, als das palästinensische Kommando „Schwarzer September“ elf Sportler der israelischen Olympiamannschaft als Geiseln nahm. Nach vielen Stunden der Verhandlungen im Olympischen Dorf wurden die Geiseln und Terroristen auf den Fliegerhorst nach Fürstenfeldbruck geflogen.

Der Befreiungsversuch dort scheiterte. Es starben alle israelischen Geiseln und ein deutscher Polizist. Ihre Namen sind: Moshe Weinberg, Yossef Romano, David Berger, Eliezer Halfin, Ze‘ev Friedman, Yossef Gutfreund, Amitzur Shapira, Kehat Shor, Mark Slavin, Andrei Spitzer, Yakov Springer und Anton Fliegerbauer.

Der Fliegerhorst Fürstenfeldbruck wird für immer untrennbar mit der Tragödie des 5. September 1972 verbunden sein. Der Landkreis Fürstenfeldbruck hat es sich seit 25 Jahren zur Aufgabe gemacht, der Opfer zu gedenken und an die Geschehnisse zu erinnern.


Erinnerungsarbeit im Landkreis Fürstenfeldbruck
2022 jährt sich das Olympia-Attentat zum 50. Mal. Seit 25 Jahren hält der Landkreis Fürstenfeldbruck die Erinnerungen daran wach. 1997 fand die erste Gedenkveranstaltung statt, 1999 wurde eine Gedenkstätte vor den Toren des Fliegerhorsts errichtet, die dem Erinnern im Landkreis einen Ort gibt. Jährlich findet in Fürstenfeldbruck am 5. September ein Gedenken an die Opfer, deren Angehörige und die Überlebenden statt.

Im Jahr 2012, anlässlich des 40. Jahrestags, richtete der Landkreis eine große Gedenkveranstaltung im Beisein der israelischen Angehörigen aus. 2013 wurde das Forum für Erinnerungsarbeit gegründet, welches sich mit der Lösung eines würdigen dauerhaften Erinnerungsortes beschäftigt. Im Jahr 2018 wurde die Möglichkeit eines „digitalen Erinnerungsortes“ diskutiert, 2019 die Idee in den Landkreisgremien beschlossen, 2020 ein Konzept erstellt und seit 2021 an der Umsetzung gearbeitet.


Der digitale Erinnerungsort

Da der Ort des Geschehens, das ehemalige Rollfeld vor dem Alten Tower, voraussichtlich bis 2026 noch militärischer Sicherheitsbereich sein wird, wurde die Initiative zu einer kreativen Lösung ergriffen und ein digitaler Erinnerungsort gestaltet. Dieser ist seit heute in Form einer Website und einer App online.

Unter der Projektleitung von Silke Seiz arbeiteten die Historikerin Anna Greithanner und der Historiker Dominik Aufleger - beide LMU München, aktuell Promotion am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der LMU München im Projekt „Politische Gewalt in der Bundesrepublik“ - im Auftrag des Landkreises ein detailliertes Konzept für den digitalen Erinnerungsort aus. Dieses Konzept wurde mit den Firmen Augmented Minds, München, sowie Le4f Agency, Berlin, umgesetzt. Das Historikerteam wurde für die Umsetzung ergänzt durch den Historiker Robert Wolff, ehemals Goethe Universität Frankfurt, sowie im Landratsamt durch die Projektassistentin Sandra Moser. Die Konzeptidee stellt sicher, dass die virtuelle Gedenkstätte keine provisorische Übergangslösung ist, die sich mit der Öffnung des authentischen Ortes erübrigt oder durch eine konventionelle Ausstellung abgelöst wird. Vielmehr bietet diese Umsetzung die Möglichkeit, den Alten Tower und das Rollfeld auf dem Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck zunächst digital zugänglich zu machen; ab dem ersten Tag einer Öffnung als Gedenkstätte können Website und App museal genutzt werden. Bis dato erhält man nur durch eine individuelle Genehmigung oder eine Führung Zugang zum Gelände.


Die Website zum digitalen Erinnerungsort

Entstanden ist eine Website, die über das Attentat und über die Geschehnisse vom 5. September 1972 aufklärt, den zwölf Opfern gedenkt sowie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen und Angehörige zu Wort kommen lässt. Mit verschiedenen Themenblöcken widmet sich die Website den verschiedenen Aufgaben der Erinnerungsarbeit: Dem Erinnern, dem Gedenken, dem Zurückblicken und dem Mahnen. Die vom Landkreis geführten Zeitzeugeninterviews bilden einen wichtigen Bestandteil des digitalen Erinnerungsorts. Darüber hinaus informiert die Website über das aktuelle Engagement des Landkreises für das Gedenken, Veranstaltungen und vieles mehr. Sie richtet sich an ein breites Publikum inner- und außerhalb des Landkreises und wird in Zukunft viersprachig aufrufbar sein.

Auf der Website werden historische Dokumente wie die Kommuniqués der Geiselnehmer und die Listen der Gefangenen, die der „Schwarze September“ freipressen wollte, publiziert. Zudem geben Video-Interviews, u.a. mit dem ehemaligen Münchner Oberbürgermeister Dr. Hans-Jochen Vogel und dem Bürgermeister des Olympischen Dorfes, Dr. Walther Tröger, Einblick in die Entscheidungsfindung der Verantwortlichen. In weiteren Zeitzeugen-Berichten schildern vor Ort involvierte Sanitäter, Polizisten und BGS-Beamte ihre Erinnerungen an den Abend des 5. September 1972.

Die Website ist zu finden unter: www.erinnerungsort-fuerstenfeldbruck1972.de


Die App zum digitalen Erinnerungsort

Parallel zur Website wurde eine interaktive App entwickelt, deren Schwerpunkt auf dem authentischen Ort des Fliegerhorsts in Fürstenfeldbruck liegt. Die App bietet die Chance, den Alten Tower und das Rollfeld als Teil des Erinnerungsortes greifbar zu machen, solange dieser der Öffentlichkeit noch verschlossen bleibt, denn sie kann auch ortsunabhängig im sogenannten „Zuhause-Modus“ genutzt werden. Über ein mobiles Endgerät erhält man Informationen zum Geschehen, Fotos aus 1972 überblenden die aktuellen Aufnahmen, während per Audio die Ereignisse nacherzählt werden. Der innovative, digitale Zugang zum Gelände erschließt das Thema vor allem auch für eine jüngere Zielgruppe.


Die App kann ab dem 05.09.2022 im Google Play Store sowie im Apple Store heruntergeladen werden unter dem Namen „Erinnerungsort 72“.


Landrat Thomas Karmasin ist sehr zufrieden mit dem jetzt online zu sehenden Ergebnis der Arbeit der letzten Jahre: „Wir wollen die Toten nicht vergessen. Der digitale Erinnerungsort ist eine sehr gute Form, die Erinnerung aufrecht zu erhalten und sie auch der Jugend zu übermitteln. Das Olympia-Attentat betrifft die ganze Welt. Dazu passt ein Erinnerungsort, der weltweit besucht werden kann.“


Ausblick

Nach der Veröffentlichung rückt ab sofort vor allem der Bildungsaspekt des digitalen Erinnerungs-ortes in den Vordergrund. Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Zielgruppe der Jugendlichen. Die verschiedenen Elemente des digitalen Erinnerungsortes lassen sich optimal in den Schulunterricht, etwa der Fächer Politik und Geschichte integrieren. Durch die thematische Bandbreite und Aktualität der Themen ist auch über die Schule hinaus Projektarbeit mit Interessierten aus allen Altersklassen möglich.

Das Projektteam des Landratsamts Fürstenfeldbruck plant zudem Veranstaltungen und Kooperationen mit (außer-)schulischen Bildungsinstitutionen und Kultureinrichtungen. Die digitale Lösung bietet die Chance, dauerhaft ein regionales, nationales und internationales Publikum zu erreichen, für jüngere Generationen eine Brücke in die Gegenwart zu schlagen und damit der anhaltenden historischen Bedeutung des Ereignisses gerecht zu werden.

Der digitale Erinnerungsort hilft dabei, die Erinnerungsarbeit des Landkreises auch in Zukunft aufrecht zu erhalten und bis zur Öffnung des Fliegerhorsts sowie darüber hinaus eine innovative, ortsunabhängige Vermittlung der Geschehnisse vom 5. September 1972 zu ermöglichen. Der „digitale Erinnerungsort Olympia-Attentat 1972 in Fürstenfeldbruck“ ist ein Projekt des Landkreises Fürstenfeldbruck, vertreten durch Herrn Landrat Thomas Karmasin.


Projektleitung: Silke Seiz

Projektassistenz: Sandra Moser

Inhaltliche Konzeption: Dominik Aufleger, Anna Greithanner und Robert Wolff

Technische Umsetzung: Augmented Minds Ambrus & Lonau GbR, München (App), Le4f Agency, Berlin (Website)


Kontakt: erinnerungsort@lra-ffb.de


Das Projekt wird gefördert durch den Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus, die BMW Group, das Internationale Olympische Komitee sowie den Deutschen Olympischen Sportbund.

Wir bedanken uns bei allen Förderern für ihre großzügige Unterstützung.

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