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25 Jahre ÖPNV-Stabsstelle im Landratsamt – Die Zukunft des Nahverkehrs im Landkreis Fürstenfeldbruck

05.11.2020

Hermann Seifert, Leiter Stabsstelle ÖPNV. Quelle: LRA FFB

MVV-RufTaxi. Quelle: LRA FFB

MVV-Regionalbus. Quelle: LRA FFB

Die Stabsstelle Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) wurde im Herbst 1995 noch unter der ehemaligen Landrätin Rosemarie Grützner eingerichtet und fällt seit Mai 1996 in die Amtszeit von Landrat Thomas Karmasin. Wirtschaftsgeograph Hermann Seifert leitet die Fachabteilung seit ihrer Gründung. Zusammen mit seinem Team, den Städten und Gemeinden, den Kreisgremien und vielen Mobilitäts-Akteuren setzt er die Geschicke des ÖPNV erfolgreich um. Im Interview skizziert er, wie sich der ÖPNV im Landkreis in Zukunft entwickeln wird, und blickt zurück auf die Anfänge.

 

Was war die Antriebsfeder, sich um diesen Job zu bewerben und welche Ziele gab es 1995?
Damals galt es in einem ersten Schritt viele reine Schülerbusse für den öffentlichen Nahverkehr, also für alle Fahrgäste zu erschließen. Auf der Agenda stand auch, lückenhafte Fahrpläne mit un-regelmäßigen Fahrten umzustellen. Gut getaktete Buslinien mit leicht merkbaren Fahrplänen sollten weitere Fahrgäste für den ÖPNV gewinnen. Etwas aufzubauen und dabei gestaltend tätig zu werden, darin lag vor allem der Reiz der neuen Aufgabe.

Wie war die Ausgangssituation ÖPNV vor 25 Jahren?
Damals gab es schon 22 im Auftrag des Landkreises verkehrende Buslinien, heute sind es bereits 49 und sieben RufTaxi-Linien im MVV. Gefahren wurden damals 1,4 Mio. km im Jahr heute sind es 9,7 Mio. Jahreskilometer. Entscheidend sind aber nicht nur die Anzahl der Linien oder die Jahreskilometer, ausschlaggebend ist die Qualität des Angebotes. Dazu gehören insbesondere Betriebszeiten, Taktung und Ausstattung, alles Merkmale, die letztlich ein attraktives Busangebot ausmachen. Lassen Sie mich das an zwei Beispielen erklären:
Wer von Fürstenfeldbruck z. B. nach Landsberied wollte, konnte 1995 mit der Linie 848 immerhin 8x am Tag von Mo. bis Fr. fahren, frühestens aber erst gegen 11 Uhr, dafür aber dann bis 19.30 Uhr. In Gegenrichtung gab es nur sechs Fahrten, beginnend um 6 Uhr aber nur bis 15 Uhr. Heute wird Landsberied von den MVV-Regionalbuslinien 810 und 822 mit Betriebszeiten Mo. bis Sa. und der Linie 825 Mo. bis Fr. von ca. 5.30 Uhr bis 21.30 Uhr im 40-Minutentakt angefahren. Morgens und mittags befördert die Linie 829 die Schulkinder und am Abend und Wochenende ist die Ge-meinde über die MVV-RufTaxi-Linie 8200 versorgt.
Das zweite Beispiel ist die MVV-Regionalbuslinie 840, unser heutiges „Flaggschiff“ hinsichtlich der Fahrgastzahlen. Damals fuhr die Linie Mo. bis Fr. im Stundentakt. Heute ist diese wichtige Linie zwischen den S-Bahnhöfen Buchenau und Fürstenfeldbruck werktags am Morgen alle 10 Minuten unterwegs, untertags alle 15 Minuten und am Abend alle 20 Minuten. Samstags fährt die Linie alle 20 Minuten sowie So/Feiertags jede Stunde und befördert mittlerweile werktäglich knapp 4.500 Fahrgäste.

Welche Maßnahmen und Projekte wurden dann angegangen, welche Meilensteine folgten?
Schnell war klar, dass es für unseren Landkreis mit damals schon rd. 190.000 Einwohnern Lösun-gen zum Thema abendliche Bedarfsverkehre und Wochenendangebote geben musste. Zug um Zug entwickelten wir das Projekt „Bei Anruf: Sammel -Taxi“. Es kam immer dann zum Einsatz, wenn die Busse Betriebspause hatten, also am Abend, nachts und am Wochenende. Das damali-ge A.S.T. fuhr als „Drive West“ für den westlichen Landkreis, als „G.A.S.T. in Germering, als A.S.T.O in Olching, als P.A.S.T. in Puchheim und als Sonderform Citybus Eichenau. Das Modell war so erfolgreich, dass es im Jahr 2000 mit dem Bayerischen Nahverkehrspreis ausgezeichnet wurde. Nächstes Ziel war die Vereinheitlichung dieser Bedarfsverkehre und die Integration in den MVV-Tarif. Dies erreichten wir 2015 mit dem neuen MVV-RufTaxi und seinen sieben Linien, die den Landkreis im MVV-Tarif bedienen. Seit 2018 fährt das Fürstenfeldbrucker Erfolgsmodell auch bis in den Starnberger, Dachauer und Landsberger Landkreis. Allein 2019 nutzten 107.988 Fahr-gäste das RufTaxi im Landkreis Fürstenfeldbruck.
Ein weiterer Meilenstein war zusammen mit dem MVV die Weiterentwicklung zur mehr Qualität, Service und Komfort der Buslinien. Alle Fahrzeuge sind inzwischen schnell an der einheitlichen Gestaltung zu erkennen ebenso wie die Haltestellen. Die Busflotte im Landkreis Fürstenfeldbruck verfügt heute über mehr als 100 Fahrzeuge mit der aktuell besten Abgasnorm Euro 6. Eine barrierefreie Ausstattung ist selbstverständlich Standard, ebenso wie ein Fahrgastinformationssystem mit Echtzeitdaten. Auch WLAN und USB-Anschlüsse zählen zur Ausstattung. Ganz neu ist die Ausrüstung der Busse mit elektronischen Abbiegeassistenten. Inzwischen sind die Fahrzeuge pandemiebedingt zum sicheren Ticketkauf und zur Nutzung des Vordereinstiegs mit schützenden Trennvorrichtungen an den Fahrerkabinen ausgestattet worden. Alle diese Entwicklungen spiegeln sich in den Fahrgastzahlen im Busverkehr im Landkreis wieder: Lagen sie 2006 bei 5,3 Mio. im Jahr, waren es 2018 bereits über 10. Mio.

Mit wem arbeiten Sie zusammen, wie sieht Ihr Netzwerk aus?
ÖPNV-Planung und Umsetzung ist sehr komplex. Daher arbeiten wir mit örtlichen und überörtli-chen Akteuren zusammen. Dazu gehört in erster Linie der bewährte Partner MVV, bei dem der Landkreis Fürstenfeldbruck Gesellschafter ist. Aber auch die MVG und die S-Bahn München gehören dazu. Ferner sind wir im ständigen Kontakt mit den politischen Vertretern und Verwaltungen der Kommunen im Landkreis, der Polizei, dem ADAC und ADFC, dem VCD, Initiativen wie Pro Bahn, Verkehrsforum FFB, Verkehrsausschuss der Nord-West-Gemeinden im Landkreis. Natürlich befinden wir uns im ständigen Austausch mit den vielen Fachstellen im Landratsamt wie z. B. der AGENDA 21 Leitstelle, der Bauleitplanung, dem Klimaschutzmanagement, dem Radverkehrsbeauftragten, dem Regionalmanagement, der Schülerbeförderung, dem Straßenverkehrsamt und der Wirtschaftsförderung mit der Tourismusstelle. Aktuell hinzugekommen sind z. B. die Vertretungen des Jugendkreistags und der „Fridays-for-Future“- Bewegung. Besonders wichtig sind uns die Fahrgäste, die wir z. B. über die Bürgerbefragung zur Fortentwicklung des Nahverkehrsplans in künftige Planungen mit einbezogen haben.
Welche zwei Aspekte aus Ihrer Arbeit sind Ihnen über die 25 Jahre hinweg kontinuierlich aufgefallen?
Die Kreisgremien entscheiden letztlich über das ÖPNV-Angebot. Über alle Fraktionsgrenzen hinweg werden hier seit vielen Jahren mutige und zukunftsweisende Entscheidungen getroffen und Finanzmittel bereitgestellt, die eine Verkehrswende vor Ort im Sinne der Umwelt und des Wohlergehens unserer Landkreisbevölkerung erst ermöglichen.
Ein weiterer regelmäßig wiederkehrender Aspekt ist die anfängliche Skepsis eines - eher kleinen - Teils der Bevölkerung gegenüber einer Ausweitung des ÖPNV, die üblicherweise aber schon nach relativ kurzer Zeit in eine quasi selbstverständliche Akzeptanz der neuen Angebote mündet.

Was ist aktuell zu tun und was sind die Zukunftsprojekte?
Das Konzept des Landkreises „Mobilität 4.0“ führt den ÖPNV in die Zukunft. Dazu gehören die Barrierefreiheit an Haltestellen und als bisheriges Alleinstellungsmerkmal die Konzeption des Pro-jektes zum Aufbau von Mobilitätsstationen mit Leihangeboten für Fahrrad und Auto. Ebenso ein intensives Marketing zur Gewinnung neuer Kunden und ein konsequentes Qualitäts- und Beschwerdemanagement zur Zufriedenheit unserer Fahrgäste. Das „Bustraining“ für Grundschüler wurde erfolgreich eingeführt. Auch für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger wird ein Informationsangebot geschaffen.
Die Digitalisierung wird als derzeit innovativstes Mobilitätsprojekt für optimale Fahrgastinformationen und Ticketangebote sorgen. Dazu zählen sog. Automatische Fahrgastzählsysteme (AFSZ), Digitale Fahrgastinformationssysteme (DFI) und das Elektronische Fahrgeldmanagement (EFM) mit dem topaktuellen Pilotprojekt „eTarif“ zur automatischen Fahrpreisermittlung. Eine zentrale Rolle zur Förderung des Klimaschutzes wird nicht zuletzt der kontinuierliche Ausbau und Einsatz von Verkehrsmitteln mit alternativen Antriebsarten sein.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was möge die „ÖPNV-Fee“ erfüllen?
Da muss ich nicht lange Überlegen: 1. Die Corona-Pandemie ist spätestens im Frühjahr 2021 Geschichte. 2. Die Landkreis-Busflotte im MVV ist emissionsfrei unterwegs und das Angebot kostendeckend. 3. Unser Team ist weiterhin so begeistert und engagiert unterwegs wie bisher.

 

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